Das Webermarterl

 
Am 30. September des Jahres 1844 wird in St. Ulrich der Weberbauer, Seewirt, Ortsvorsteher und Wilderer Johann Lugmayer unter großer Anteilnahme im Alter von 41 Jahren zu Grabe getragen, versehen mit allen Sterbesakramenten und dem Vermerk im Totenbuch: „Erstochen auf dem Gemsgebirge“.
 
Schenkt man den Erzählungen von Simon Soder, Bauer beim Weißleitschuster, Gehör, dann erfährt man von einem Raufhandel unter Wilderern auf der Rotscharte hoch oben in Gamsrevieren der Loferer Steinberge. Vermutlich ging es bei diesem Streit um die „Jagdgrenze“ zwischen den Nuarachern und den Loferern. Für Lugmayer endet das tödlich und bald danach wird ihm am schwer zugänglichen Tatort ein Marterl gewidmet, das unter dem Namen „Webermaschterl“ noch lange bei den Einheimischen bekannt war. Später wanderte das Marterl zur kleinen Wehrgrube, wo es völlig verwitterte.
 
Damit dieses Andenken an einen wohl sehr interessanten Nuaracher erhalten bleibt, wurde das Marterl durch ein neues ersetzt, in die Wege geleitet von der HG-Stoaberg und dem Heimatverein Pillersee.
 
Eingeweiht wurde das Marterl am Samstag, 17. September 2005, am Schärdinger Steig in der Kleinen Wehrgrube um.
 
 
 
Das Theaterstück „Grenzland“
 
Schon seit längerer Zeit stand bei einigen Pillerseetalern der Wunsch an, aus der „Lugmayer- Geschichte“ etwas „mehr“ zu machen und die Zeit um die Mitte des 18. Jahrhunderts erneut aufleben zu lassen.
 
Nach Recherchen von Adi Stocker und Hannes Troger entstand unter der Feder von Wolfgang Schwaiger das Theaterstück „Grenzland“. Es ist ein zeitgeschichtlicher Abriss aus den Erzählungen über Johann Lugmayer und den Lebensumständen der damaligen Zeit. Das Stück beschreibt in einer abwechslungsreichen Art, wie sich diese Geschichte und der Mord damals zugetragen haben könnte, erzählt über Beweggründe, Gefahren und Sorgen der Leute.
 
Die Erstaufführung des Theaterstückes „Grenzland“ fand 2006 an der Schmidt-Zabierow-Hütte statt. Weitere Aufführungen wurden dann in den darauffolgenden Wochen in St. Adolari gezeigt.
 
 
Zeitwort zum Theaterstück
 
Der bekannte Schriftsteller und Heimatforscher Beda Weber schreibt 1838 über die Almen im Pillerseetal folgende Bemerkung:  „Wildbret findet sich im weiten Umkreise dieser Almlandschaft keines mehr, verscheucht und erlegt von der zahlreichen schussfertigen Alpenbevölkerung.“
 
Aus anderer Feder erfahren wir vom „Tal ohne Namen“, ein Landstrich am Ende von Tirol, vergessen und verarmt. Tatsächlich werden die Pillerseer als relativ arm beschrieben, Erwerbsquellen waren lediglich die Landwirtschaft und für einige der Bergbau in Fieberbrunn. Von großer Bedeutung war auch die Almwirtschaft, an die 800 Schafe wurden gezählt, die Wolle diente vor allem zur Erzeugung von Loden. Die Steinberge werden als wilde Szenerie beschrieben, der „Gemsen Heimath“, die von mutigen und verwegenen Bergsteigern erklommen werden, um von dort die Aussicht zu geniesen.
 
Die Jahrhunderte alte „Tradition“ der Wilderei wurde natürlich auch in Pillersee gepflegt, wobei das erklärte Ziel die Jagd auf Gemsen gewesen ist. Die Waldlandschaft war durch den enormen Bedarf an Holzkohle für das Hüttwerk dezimiert, Rotwild war nur mehr sehr spärlich anzutreffen.
 
Aus der Sicht Österreichs wird die Zeit als Vormärz (Wiener Kongreß) bezeichnet. Unter Fürst Metternich entwickelte sich erstmals ein Polizeistaat, Kontrollen und Bespitzelungen standen auf der Tagesordnung. Die Grenze zu Bayern wurde schwer bewacht, in der Umgebung der Waidringer Steinplatte patrouillierten bewaffnete Zöllner.
 
 
Allzuviel kann man nicht mehr in Erfahrung bringen, über das abenteuerliche Leben des Weberbauern Johann Lugmayer, da ist einmal die Bemerkung im Totenbuch vom September 1844: „erstochen im Gemsgebirg“ und die Tatsache, dass er im selbigen Jahr Ortsvorsteher der Gemeinde St. Ulrich gewesen ist. Alten Erzählungen zufolge soll er sich auch mit der Salzschmugglerei über die Steinplatte beschäftigt haben, wo er einmal bei Adolari den Zöllnern nur mehr knapp entkommen sollte. Einschusslöcher beim Türstock des Wirtshauses waren noch Jahrzehnte lang „lebende“ Beweise dieser Verfolgungsjagd.
 
 

Das Plakat anlässlich der Aufführung des Theaterstückes "Grenzland" bei unserer Hütte

 

Das von Adi Stocker gestaltete neuerrichtete Webermarterl steht am Schärdingersteig nahe der Kleinen Wehrgrube.